...Die Arbeitswelt 4.0 hat Auswirkungen auf die Strukturen und Prozesse unserer Arbeit, darauf, wie wir zusammenarbeiten und darauf, welche Aufgaben und welches Selbstverständis Führungskräfte haben.
Im beruflichen Alltag und in der Praxis sozialer Organisationen zeigt sich der große Umwälzungsprozess der Arbeitswelt in konkreten Fragestellungen:
1. Führungsleitlinien: Wie wollen wir führen und geführt werden?
2. Personalakquise und -entwicklung: Wie finden und halten wir gute Mitarbeitende?
3. Vernetztes Arbeiten: Wie wollen wir zusammenarbeiten – in autonomen Teams und auf Augenhöhe?
4. Wissensmanagement: Wie sichern wir das Wissen in der Organisation?
5. Nachfolgemanagement: Wie sichern wir die zukünftige Führung in der Organisation?
In den folgenden fünf Kapiteln umreissen wir jeweils kurz die Herausforderung, benennen die zentralen Ziele in der Arbeitswelt 4.0, skizzieren die wesentlichen Schritte zur Veränderung und stellen gute Beispiele, Tools und Links bereit.
In unserer Zeit und unserer Gesellschaft nehmen wir durch die erhöhte Informationsdichte und die verkürzte Informationszeitspanne die Welt als unbeständiger, unsicherer, komplexer und mehrdeutiger wahr.
In der sozialen Arbeitswelt erleben wir die Unbeständigkeit, Unsicherheit und Komplexität z. B. in stark und schnell gestiegenen und wieder gesunkenen Zahlen von Asylbewerbern/innen, in zeitlich befristeten Projektfinanzierungen zur Lösung von sozialen Problemen und in der Umsetzung des BTHG und im Besonderen des ICF als Bedarfsermittlungsgrundlage.
Führungskräfte können aufgrund der Fülle und der Schnelllebigkeit nicht mehr Experte/in für alle Entwicklungen sein und alleine Lösungen entwickeln, die Mitarbeitende dann operativ umsetzen. Das operative Steuern von Arbeitsaufgaben im Sinne von Management reicht heute oftmals nicht mehr aus.
Mitarbeitende wiederum wollen Orientierung und Sicherheit. Sie wollen, dass ihre Arbeit sinnstiftend ist und dass ihre Expertise wahrgenommen wird. Sie sind jedoch gleichzeitg gefordert, sich in die Entwicklungen der Organisation einzubringen und sich mit neuen Herausforderungen mitzuverändern.
In einer komplexen und schwer steuerbaren Umwelt müssen Führungskräfte heute in erster Linie Leadership erreichen, indem sie
Im Sinne von Leadership brauchen Führungskräfte und Mitarbeitenden außerdem ein gemeinsames Verständnis darüber, was Führung ist, wer führen soll und wie Mitarbeitende geführt werden sollen. Sie müssen eine gute Kommunikationskultur entwickeln und pflegen und einen Kulturwandel in der Organisation mitgestalten.
Leadership gelingt Führungskräften insbesondere durch:
• Sich selbst führen (Vorbild- und Multiplikationsfunktion)
• Ein positives Menschenbild
• Innovationsfreude sowie Lern- und Veränderungsbereitschaft
• Partizipative, kollaborative und agile Arbeitsweisen sowie Kommunikations- und Teamfähigkeit
• Offener und ehrlicher Dialog mit den Mitarbeitenden, dabei in erster Linie zuhören und die richtigen Fragen stellen sowie Feedback einholen
Leadership-Qualitäten und Kompetenzen lassen sich verschiedentlich in externen Bildungsangeboten trainieren. Aber auch arbeitsplatzbezogene Formen eignen sich dafür, wie z. B.:
Die gemeinsame Erarbeitung von Führungsleitlinien kann ein hilfreiches Instrument sein, um ein gemeinsames Verständnis darüber zu entwickeln, was Führung ist, wer führen soll und wie Mitarbeitende geführt werden sollen. Indem dabei über Erwartungen und Grenzen von Führung gesprochen wird und die Leitlinien verschriftlicht werden, tragen sie zu einem konsistenten Führungshandeln in der Organisation bei. Ohne eine Operationalisierung der Leitlinien und ohne ein Committment dazu im Führungskreis bleiben sie jedoch wirkungslos.
Führungskräfte- und Mitarbeitende-Workshops zu „Wie wollen wir führen?“ und „Wie wollen wir geführt werden?“ können den Prozess der Führungsleitlinienentwicklung begleiten und unterstützen.
Tools & Links:
Gute Beispiele:
Mit der Entwicklung von Wohlstand in unserer Gesellschaft und mit der Veränderung von Werten ändern sich auch die Erwartungen und Ansprüche von (potentiellen) Mitarbeitenden an die Arbeit. Ingesamt werden die Ansprüche vielfältiger und differenzierter. Tendenziell haben die Werte, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen, Arbeit- und Privatleben in Einklang bringen zu können und mit Führungskräften auf Augenhöhe kommunizieren und arbeiten zu können, zugenommen. Gleichzeitig führt der demografische Wandel und die Konkurrenz um Arbeitskräfte in manchen Arbeitsfeldern der Sozialwirtschaft und/oder in manchen Regionen Bayerns zu einem Mangel an Fachkräften. In der Konsequenz bedeutet das, dass Arbeitskräfte eine größere Auswahl an Arbeitsplätzen haben und dass sich Arbeitgeber stärker um Arbeitskräfte bemühen müssen.
Gute Mitarbeitende zu finden und dann auch in der Organisation zu halten, ist seit mehreren Jahren zu einer Herausforderung für viele soziale Organisationen geworden
Sozial- und bildungspolitische Lösungen für den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft müssen von der Politik gemeinsam mit den Dachverbänden gefunden werden. Bis dahin wird sich jede Organisation weiterhin im Wettbewerb mit anderen Trägern und Branchen um gute Arbeitskräfte in Punkto Bekanntheit, Image und Attraktivität, Arbeitsbedingungen und Zufriedenheit von Mitarbeitenden finden. Diese Faktoren sind kein Garant für die Lösung der alltäglichen Herausforderung, erhöhen aber die Chancen der Organisationen im Wettbewerb mit anderen Organisationen. Für soziale Organisationen gilt, sich diesbezüglich im Bereich der Personalakquise und -entwicklung unter den Vorzeichen der Arbeitswelt 4.0 zu professionalisieren und zu optimieren. „Unter den Vorzeichen der Arbeitswelt 4.0“ bedeutet, digitale Instrumente und Möglichkeiten zu nutzen und auf die veränderten Werte der Mitarbeitenden und der Gesellschaft einzugehen.
Zur Festlegung von Teilzielen und zur Maßnahmeplanung eignet sich ein analytischer Blick auf die Faktoren, die die Chancen auf das Finden und Halten von guten Mitarbeitenden in der Organisation erhöhen (Arbeitshilfe).
Tools & Links:
Gute Beispiele:
Der Umwälzungsprozess in unserer Gesellschaft stößt komplexe Veränderungen in allen Bereichen an. Auch in der sozialen Arbeitwelt zeigen sich diese in komplexen Herausforderungen, die oft nur noch bereichsübergreifend zu erfüllen sind, z. B. der Aufbau dezentraler Versorgungsstrukturen durch das Gebot der Inklusion, die Betreuung und Integration von minderjährigen Flüchtlingen oder die flexiblen Arbeitszeitregeln auf dem Hintergrund der heterogenen Mitarbeitendenansprüche. Es braucht zunehmend die Kompetenzen verschiedener Fachbereiche zur Problemlösung. In versäulten Arbeitsformen lassen sich oft nur Teillösungen entwickeln oder ungeklärte Zuständigkeiten zwischen Fachbereichen wirken lähmend. Außerdem können Führungskräfte aufgrund der Informationsdichte nicht mehr das Wissensmonopol und die alleinige Lösungskompetenz für sich in Anspruch nehmen.
Für die Leitungsebene in Organisationen bedeutet dies, Entscheidungskompetenzen und Verantwortung an Teams von Mitarbeitenden abzugeben. Auf der Ebene der Mitarbeitenden braucht es im Gegenzug ein erhöhtes Maß an Teamfähigkeit, Selbstmanagement, Offenheit und eine Verständnis von vernetztem Arbeiten. Grundlage in der Organisation dafür sind eine Vertrauenskultur, geklärte Zuständigkeiten und ein hohes Maß an Transparenz. Vernetztes Arbeiten in eigenverantwortlichen Teams kann Synergien schaffen, Ressourcen sparen und helfen, Missverständnisse zu vermeiden.
Zentraler Punkt, um vernetzteres Arbeiten in der Organisation zu erreichen, ist die Förderung von wertschätzender und positiver Kommunikation innerhalb und außerhalb der Organisation. Wertschätzende und positive Kommunikation schafft Offenheit, gegenseitiges Kennen, Vertrauen, Transparenz und Beteiligung. Kommunikation in der Organisation ist zum einen eine Kulturfrage, zum anderen eine Frage der Strukturen und Medien. Um die verschiedenen Aspekte von Kommunikation zu bearbeiten, eigenen sich verschiedene Herangehensweisen und Methoden, z.B. Qualitätsmanagement, kollegiale Beratung, Supervision, Internet, Mitarbeiter-Apps, Workshops.
Wichtig ist außerdem eine Auseinandersetzung mit Heterogenität und Diversität in der Organisation und das Erkennen, welche Vorteile Vielfalt mit sich bringt.
Tools & Links:
Gute Beispiele:
...Die Informationsgesellschaft produziert Daten und Wissen in Fülle, die nicht mehr wie gewohnt zu händeln sind. Mitarbeitende der Sozialwirtschaft sind von der Menge an Informationen überfordert.
Für die Lösung komplexer Sachverhalte brauchen viele verschiedene Mitarbeitende relevante Informationen. Die Frage ist, wie alle die notwendigen Informationen erhalten.
Ziel für soziale Organisationen muss sein, dass Wissen in der Organisation, einschließlich das der Führungskräfte, archiviert, strukturiert und transparent ist und dass Informationen leicht zu finden, effizient zu nutzen und transferierbar sind.
Für die Archivierung und den Austausch von Wissen und Informationen braucht es digitale Lösungen, wie z. B. ein Intranet als Wissenstool für die Organisation, die dem agilen Arbeitsstil der Organisation entspricht. Aber auch die Kommunikationsstrukturen sind zu beleuchten, um zu verstehen, wie Informationen in der Organisation weitergeben, verarbeitet und generiert werden.
Bei der systematischen Betrachtung des Wissensmanagements in der eigenen Organisation hilft die Übersicht mit Leitfragen, Beispielmaßnamen und Beispieltools.
Tools & Links:
Es findet ein Generationenwechsel in den Führungspositionen sozialer Organisationen statt. Langjährige Leitungspersonen, die ihre Organisationen geprägt haben, gehen in den Ruhestand. Mit ihnen verlieren die Organisationen einen großen Wissensschatz. Aufgrund des demografischen Wandels fehlt es an ausreichend guten Nachwuchskräften. Und die veränderten Rahmenbedingungen der Organisationen verlangen in vielen Fällen nach einer Neubewertung der Führungspositionen, z. B. Aufteilung von Zuständigkeiten auf verschiedene Personen, Zusammenlegung oder Aufteilung von Diensten.
Um die zukünftige Führung zu sichern, müssen soziale Organisationen die Altersstruktur ihrer Beschäftigten im Blick haben und mit Hilfe diesen Wissens die Nachfolge von Führungspersonen rechtzeitig in den Blick nehmen. Im Nachfolgemanagement geht es darum, das Ausscheiden der Führungspersonen aus der Organisation, den Übergang und die Übergabe an eine nachfolgende Person und den Einstieg dieses/r Nachfolgers/in in wertschätzender und stärkender Art aktiv zu begleiten. Das Moment der Veränderung kann und sollte genutzt werden, um die Organisationsstrukturen zu modernisieren und an veränderte Bedingungen anzupassen.
Ein Nachfolgemanagement setzt sich im Wesentlichen aus verschiedenen Arbeitsschritten zusammen:
• Wiederbesetzungsbedarf beobachten, Identifikation von Schlüsselpositionen
• Nachfolgeprozess definieren (Zeitraum, Dauer der Einarbeitung/Übergabe, Suche nach Nachfolger/in, Einbeziehen der Führungskraft, Würdigung der Führungskraft, Information an Mitarbeitende)
• Anforderungsprofil festlegen
• Auswahlprozess durchführen
• Gespräche anbieten, Übergangsphase gestalten, Erfahrungswissen weitergeben
• Profil entwickeln
Tipp: Es hat sich bewährt, dass die Stelleninhaber/innen die Aufgaben-/Stellenproifle und Einarbeitungspläne mitgestalten.
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Gute Beispiele: